
ICH BIN ASPASIA.
ICH BIN ASPASIA / 2024/25 / SZENISCHES KONZERT / UA 25.3.2025 / JASMIN BINDE, ROBIN GRUNWALD, DAVID TOBIAS SCHNEIDER, ANDREAS SCHWANKL / REAKTORHALLE MÜNCHEN
ETWA 60 MINUTEN
Ein Mann Mitte 40 stellt fest, dass er seine Haare, seine Muskeln und seinen Marktwert verliert.
Seine Karriere stagniert seit 15 Jahren. Sein Geschmack ebenfalls: Affären Anfang 20 müssen es sein, damit die Ehe zu ertragen ist. Aber solche Frauen kann er nicht mehr kriegen. Mangels Alternativen muss er seiner gleichaltrigen Frau und Mutter seiner Kinder treu sein. Sie heißt Aspasia. Früher liebte er sie. Und dann verlor sie ihre Schönheit. Und dann ihren Charakter. Warum nur? Unser Mann Mitte 40 weiß es nicht. Wir schon!
Er beschließt, dass es das nicht gewesen sein kann. Unter Aufbietung drastischer Maßnahmen steigt er vom unbedeutenden wissenschaftlichen Mitarbeiter eines Instituts zum Professor auf.
Er will die bis dahin verschollenen Schriften der Aspasia von Milet gefunden haben – eine bahnbrechende, von vorne bis hinten gefälschte Entdeckung – und behauptet, der Ursprung der westlichen Philosophie sei weiblich. Er tingelt von Talkshow zu Talkshow und verbreitet seine empowernde Botschaft als respektvoller Universalmentor des Frauengeschlechts. Endlich einer, der anders ist als die anderen Schweine!
Wir haben die Ehre, den größten Tag seines Lebens zu begleiten. Als erster Mann in der Geschichte soll er einen bedeutenden feministischen Preis erhalten. Während er seine Dankesrede formuliert, betritt die fünfzehnjährige Tochter seines Vorgängers sein Büro. Sie soll die dort verbliebenen Dinge ihres Vaters mitnehmen, der in die Psychiatrie eingewiesen wurde, nachdem er durch geschickte Manipulationen unseres Mannes Mitte 40 seinen Posten räumen und einen Buch-Deal aufgeben musste. Doch das ist nicht genug. Unser Mann Mitte 40 vergewaltigt das Mädchen an Ort und Stelle. Was für ein Zufall: Auch sie heißt Aspasia.
Nach der Preisverleihung begibt sich unser nun überglücklicher Mann Mitte 40 zu seinem besten Freund.
Die beiden ruinieren ihren Verstand schon seit ihrer Studienzeit mit Alkohol, Gras und abartigen Sprüchen. Eine Männerfreundschaft, die nichts erschüttern kann. Zunächst zeigt er ihm das Video der Vergewaltigung.
Dann zieht er den feministischen Preis aus der Tasche – eine pinke, hässliche Trophäe. Sein Freund bekommt einen Lachanfall. Obwohl er moralisch völlig verwahrlost ist, hat er in seinem zerkifften Schädel nun doch begriffen, dass hier irgendetwas nicht zusammenpasst.
Daraufhin verprügelt unser gekränkter Mann Mitte 40 seinen besten Freund. Mit der pinken Trophäe. So sehr, dass er im Rollstuhl landet und nie wieder sprechen kann. Vor Gericht nutzt unser Mann Mitte 40 diese Tatsache aus und erzählt von Angreifern, die es nie gegeben hat. Sie beide seien Opfer einer schlimmen Tat, die man aufs Schärfste zu verurteilen habe. Und das in Deutschland! Der Freund, der nun im Rollstuhl sitzt, protestiert mit den wenigen Mitteln, die ihm geblieben sind. Niemand kann sie deuten. Er wird aus dem Saal geschoben, damit unser Mann Mitte 40 in Ruhe ausreden kann.
SÄTZE
1 _ Spanner-Ouvertüre
2 _ Anrufung der Aphrodite / "Ich versteh’ nix – ciao!"
3 _ Preisverleihung / "Warum gibt es gar nichts und nicht weniger?"
4 _ Backstage / "Die Leute finden die Texte gut, weil sie meinen, dass sie von einer Frau sind."
5 _ Der Herrlichste von Allen / "Hat er sie jetzt vergewaltigt oder nicht? – Ich weiß nicht, die steht ja auch bloß da."
6 _ Anmache / "Wenn ich morgen sterbe, werden Sie es bereuen, nicht mit mir geschlafen zu haben."
7 _ Prügelei / "Sie kam rein, als er seiner Preisrede den Feinschliff verpasste. Ihr Vater hatte sie geschickt. "
8 _ Wahrheit als technische Störung / "Ich bin ein Vergewaltiger und ein Mörder."
9 _ Arschtritt / "Ich bin nicht da, um euer Bedürfnis zu befriedigen, dass Geschichte anders hätte sein sollen. Sucht euch Vorbilder, die sich wehren können."
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